Tschüß, BMW?

Als Automobilhersteller mit dem etwas sportlichen Image tut es schon weh, wenn man gegen die Konkurrenz, die aus dem Nichts kam, und die man gerne medial herablassend behandelt, verliert. Ich rede einmal nicht von Verkaufszahlen, sondern von einem Rennen zwischen einem BMW M3 und der Performance-Version von Teslas Model 3. Die Autoshow Top Gear hat im Frühjahr diese beiden Fahrzeuge gegenübergestellt, und der BMW-Benziner hatte weder bei der Beschleunigung noch auf der drei Kilometer langen Strecke den Funken einer Chance.

Das mag für den Otto Normalverbraucher eher anekdotenhaft sein, und wenig zur eigenen Kaufentscheidung beitragen, es tut aber einem Hersteller weh, der gerne sein sportliches Image für die Massen pflegt.

Angesichts der jüngsten Meldungen und eines längeren Trends man muss sich echt um eine Ikone des deutsche Automobilbaus sorgen machen: BMW.

Verwirrte Vorstände

Da kommt eine konfuse strategische Linie zum Vorschein, bei der die rechte Hand nicht weiß, was die linke tut. BMW-Chef Harald Krüger kündigte diese Woche ein verschärftes Tempo beim Zeitplan von Elektroautos an. Statt 2025 sollen bereits 2023 an die 25 Modelle mit Elektroantrieb von BMW angeboten werden. Diese Ankündigung kommt im Gefolge von Toyotas Plan, nicht erst 2030 die Hälfte aller produzierten Autos mit Elektroantrieb zu haben, sondern bereits 2025. Zu den Elektroantrieben zählt BMW auch großzügig Hybridfahrzeuge.

Das geht im Einklang mit der erwarteten exponentiellen Entwicklung der Neuzulassungen, von denen man um 2025 bis 2030 die Hälfte aller in Deutschland neu zugelassenen Autos solche mit Elektroantrieb sein werden.

Projektion des exponentiellen Anstiegs der Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland

BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich widersprach aber zugleich seinem Vorstandsvorsitzenden. Gegenüber Journalisten meinte er, dass ‚Europäer keine Elektroautos kaufen wollten‚. Und setzte noch nach, indem er von der Ressourcenverschwendung bei Elektroautos und von einem Hype sprach. Zum Thema Hype habe ich übrigens in meine Buch Foresight Mindset mehr geschrieben, weil man sich mit dem Abschasseln eines Trends zu einem Hype sehr rasch verwundbar macht und aus dem Rennen nimmt.

Auch meint Fröhlich, dass „2023 noch mindestens 80 Prozent der von BMW produzierten Fahrzeuge einen Verbrennungsmotor haben werden.“ Kann für BMW schon so sein, nur dann wird BMW nicht mehr relevant sein.

Zwischenzeitlich nämlich erlebt die Nachfrage nach attraktiven Elektroautos in vielen Ländern – Norwegen dabei am prominentesten – einen erneuten Höhepunkt, während BMW beispielsweise in Nordamerika bei Mittelklassefahrzeugen die ersten fünf Monate von 2019 zwischen 11% und 43% weniger Autos verkaufte. Und dass Elektroautos mit Steuernachlässen Kaufanreize erleben, ist angesichts der Dieselsubventionen und der verstärkten Subventionen in Form von militärischen Ausgaben um die Erdölversorgung sicherzustellen, wenig überzeugend.

Unterschwellig schwingt in solchen Kommentaren die Hoffnung, dass Elektroautos eine Modeerscheinung sind, die bald wieder vergehen wird, und man sich dann endlich wieder den Diesel- und Benzinmotoren widmen kann. Nur: der Albtraum Tesla wird nicht verschwinden.

Angekündigte Wuchtbrummen

Durch diese Fehleinschätzungen hinkt BMW immer weiter hinterher. Das BMW-intern ungeliebte Experiment i3, dass einen zwar innovativen und gut fahrbaren, aber reichweitenschwachen und teuren Elektrowagen hervorbrachte, ist durch die Abwanderung des Managements zur chinesischen Konkurrenz ins Stocken geraten.

Stattdessen kündigt man elektrische Wuchtbrummen an, die erst 2021 auf den Markt kommen sollen. Vergleicht man andere deutsche und internationale Hersteller, die dieses Jahr angebliche ‚Teslakiller‘ auf den Markt brachten – Mercedes EQC, Audi etron und Jaguar iPace – und sieht deren Rückstand auf Tesla, dann lässt das auch für BMW nichts Gutes erahnen.

BMWs Wuchtbrumme Vision iNext

Fusion als Rettung?

Der Zusammenschluss von mehreren Projekten mit Daimler-Benz zu Carsharing oder autonomen Fahren, ist auch ein Anzeichen wie wenig BMW eigentlich technologisch hat. Beim autonomen Fahren hört man von BMW nichts. Auf die bereits für 2017 angekündigten Tests mit einer autonomen Flotte in München wartet man noch immer. Und dann schließt man sich als Unternehmen, das von Software nichts versteht, mit einem Unternehmen, das von Software auch nichts versteht, zusammen, um Software zu machen? Als A-Player im Automobilbau muss man sich mit einem A-Player aus dem Softwarebereich zusammentun. Hier zur Erinnerung eine Aufstellung, wer denn die A-Player bei der Entwicklung autonomer Autos sind – und wer eben nicht:

Disengagementbericht Kalifornien für 2018:
Wie viele Meilen kann ein autonomes Auto dieser Firmen im Durchschnitt fahren, bis ein Eingriff eines Sicherheitsfahrers benötigt wird?

Außer, dass diese Zusammenlegung der Initiativen auf ein anderes Vorhaben hinweisen soll: nämlich dass Daimler-Benz und BMW vor einer Fusion stehen. Aus eigener Kraft scheinen es beide jedenfalls nicht mehr zu schaffen, beim autonomen und elektrischem Fahren konkurrenzfähiges auf die Beine zu stellen.

Und all das kostet Geld. Geld, das man nicht hat. Weil man bei BMW schon im Herbst 2018 wegen des verschärften WLTP-Tests mehr Geld aufwenden musste, als erwartet worden war. So schaffte man diese Tests erst mit Aufwand und Verspätung, was den Umsatz drückte, da man nicht genug Autos liefern konnte. Und Rückrufe in Korea von 106.000 Autos wegen brennenden Motoren kamen da noch hinzu.

Wenn einmal Gewinnwarnungen kommen, dann treten sie im Rudel auf. So auch 2019, weil BMW wegen erwarteten Strafzahlungen beim Kartellverfahren wegen Preisabsprachen mit den anderen deutschen Herstellern eine Milliarde Euro rückstellen musste. Geld, das man eigentlich für die neuen Technologien wie eben elektrisches und autonomes Fahren gebrauchen könnte. Oder Ladestationen.

Und da verlässt man sich lieber auf die Bundesregierung – oder den lieben Gott. Während andere fleißig am Ausbau ihres Ladestationsnetzwerk bauen – Tesla beispielsweise – oder bauen müssen – Volkswagen wurde wegen des Dieselskandals gerichtlich zum Ausbau eines Netzwerks um 2 Milliarden Dollar verdonnert – lehnt man sich in München lieber zurück, dreht Däumchen und wartet auf andere. Und macht aus der Ferne seine kritischen Kommentare zur Konkurrenz und über seine Kunden.

Arbeitsplatzverluste

Dass diese Aussagen nicht von ungefähr kommen, ist auf nicht unwesentliche Änderungen zurückzuführen, die der gesamten Automobilbranche bevorstehen. Sie sind bereits so greifbar, dass die Medien nicht mehr nur von Entlassungen tausender Mitarbeiter spekulieren, sondern ganz konkrete Zahlen einzelner Unternehmen vorlegen. So listet das Handelsblatt für Bamberg mit Bosch als größtem Arbeitgeber 2.500 der 7.400 Stellen als gefährdet, und in Öhringen droht 240 Mitarbeiter bei Mahle die Kündigung. Der dortige Standort soll bis 2020 geschlossen werden. In Stuttgart-Untertürkheim wiederum arbeiten bei Daimler 11.000 Mitarbeiter an Motoren, Getrieben, Achsen und Brennstoffzellensystemen.

Statt Vollbeschäftigung geht plötzlich wieder das Gespenst von Entlassungen und Massenarbeitslosigkeit um. Und die könnten in die hunderttausende gehen.

Es verwundert die Überheblichkeit oder Blindheit von BMW-Vorständen nicht, wenn man sich nach wie vor sicher fühlt. Die 2018er Geschäftszahlen mit dem zweitbeste Ergebnis der Firmengeschichte lassen alles im besten Sonnenlicht erscheinen. Warum soll man was ändern? Das änderte sich im ersten Quartal 2019, als man zum ersten Mal nach einem Jahrzehnt wieder einen Verlust in der Automobilsparte wegen der Rückstellung zum Dieselskandal aufwies. Doch diesen Verlust schiebt man lieber auf einzelne Ereignisse, die sich so nicht wiederholen würden.

Die Philosophie scheint zu sein, man gehe noch vorher rasch mit einem tollen Bonus bei hohen Aktienkursen in Rente und ziehe sich auf seine Villa am Chiemsee zurück, und nach mir dann die Sintflut. Und irgendwie scheinen auch die Eigentümer aufgegeben zu haben.

Macht- und willenlose Eigentümer

Beinahe rührig erschien nämlich das rare Interview im manager magazin mit den Geschwistern Stefan Quandt und Susanne Klatten, den BMW-Erben. BMW selbst als Unternehmen und das Verhältnis zum Vorstand werden da eher als nebensächlich und viel mit unverbindlichen Floskeln abgehandelt, weil die Leidenschaft der Eigentümer bei den Firmen zu liegen scheint, die sie selbst aufgebaut bzw. neu in ihr Portfolio aufgenommen haben. Nicht nur scheinen die Themen mehr in ihren Interessen zu liegen, auch vermitteln sie das Gefühl dort mehr Einfluss nehmen zu können. Beim eigentlichen Stammunternehmen BMW erhält man aus dem Interview eher den gegenteiligen Eindruck vermittelt.

Zwar hat Stefan Quandt man in der Vergangenheit mehrmals vor dem Wandel gewarnt, genutzt hat es scheinbar nicht. Vor allem wenn man es sich einfach macht und dort gegen Silicon Valley wettert, und hier das ‚gute BMW‘ gegenüberstellt. Angesichts der Verwicklung im Dieselskandal schon eine gewisse Chutzpe. Schuld ist nicht BMW, sondern das böse Silicon Valley. „Die“ müssen sich ändern, nicht BMW.

So wie es langsam aussieht, ist BMW weder moralisch noch technisch so gut, wie man es sich in München gerne einredet. Und vermutlich auch in der nächsten Dekade verschwunden. Sportlich wär’s, wenn BMW jetzt mal vom Gaspedal runterstiege, und auf den Akzelerator für Elektroautos drücken würde. Ich gebe die Hoffnung nicht auf…

Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

17 Kommentare

  1. Das Phänomen ist nicht nur bei deutschen, sondern zumindest auch bei italienischen und japanischen Marken zu beobachten.
    Es ist einerseits der Umbruch der Geschäftsmodelle. Allein an den quasi-verpflichtenden Servicekosten verdient man zumindest 1 Cent/Kilometer und die Werkstätte lebt auch noch davon recht gut. Vergleicht man das mit dem Serviceverständnis bei Tesla – ein diametraler Unterschied.

    Für die traditionellen Hersteller heißt das natürlich umdenken und vor allem handeln. Sobald die Gigafactory 3 hochläuft, wird Tesla an einem (hoffentlich deutschsprachigen) Standort in Europa eine weitere Gigafactory hochziehen und rasch auf zumindest 500.000 Fahrzeuge/Jahreskapazität ausbauen – einschließlich der Akkuzellenfertigung, die mit Hilfe der durchaus sinnvollen Akquisitionen von Grohmann Engineering und Maxwell Technologies optimiert wird. Damit ist das Ziel, möglichst rasch nicht nur besser, sondern sowohl im Anschaffungspreis billiger als ein vergleichbarer Verbrenner sein zu können, erreicht. (Im Total cost of ownership ist das bereits längst der Fall.)

    Ob das für viele andere „Schach matt“ heißen wird? Es sieht so aus. Leider.

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  2. Die ganzen Asylanten in Europa gibt es hauptsächlich wegen dem Krieg ums Öl.
    Der größte Kriegstreiber sind die USA .
    Dumm das bei Daimler , BMW , FCA usw nur sich selbst die Taschen füllende Manager und Betriebsräte sitzen .
    VW unter Diess scheint mir der einzigste Verbrenner Konzern zu sein , bei dem sich etwas bewegt in Richtung e Mobilität.

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  3. Chapeau zu diesem Beitrag.
    Als BMW Freund (Fan klingt mir zu hoch) ist es schmerzhaft das alles mit anzusehen.
    Aber ich denke auch das BMW wie viele andere auch hier eine falsche (typisch deutsche) Richtung fährt. Und das wird Arbeitsplätze kosten, viele. Aber Schuld ist dann wieder jemand anderes, der Markt, der Chinese, der Deutsche der keinen Diesel kauft…..

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  4. Zu den Quandts / BMW empfehle Ich die Dokumentation: das Schweigen der Quandts , anzuschauen .
    Bad Karma , sag Ich da nur .

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  5. Ich glaube nicht, dass wir BMW so schnell untergehen sehen werden. Bevor BMW Konkurs anmeldet wird schon die Bundesregierung (und somit der Steuerzahler) einspringen wie bei der Bankenrettung vor ein paar Jahren. Ein deutsches Traditionsunternehmen wie BMW verschwindet nicht so schnell. Denke ich.

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  6. Korrektur: BMW hatte im Fall Diesel nicht betrogen, die Rückstellung beziehen sich auf EU Vorwürfe bzgl. Kartellabsprachen mit u.a. Daimler zu SCR Tank größen. Das ist schon ein grober Schnitzer in der Berichtserstattung und lässt einen gewissen „Bias“ aufkommen.

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    1. Danke, habe ich korrigiert. Beim Abgasskandal sind sie ja noch von der Schippe gesprungen mit „fälschlicherweise aufgespielter Software“…

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