Ein heiß umkämpfter Teil einer Stadt sind die Plätze an den Gehsteigkanten. Dort, wo üblicherweise Autos parken, müssen auch Bushaltestellen oder Aus- und Einstiegszonen für Taxis verfügbar gemacht werden. Und seit der Pandemie sind in den USA auch Gastgärten für Restaurants dort untergebracht worden, wie sie schon entweder saisonal oder ganzjährig in vielen europäischen Städten üblich waren.
Mit Elektroautos kam die Frage nach Ladeplätzen auf, die wiederum exklusiv Elektroautos beim Laden zur Benutzung erlaubt sind. Auch Behindertenparkplätze oder solche für spezielle Fahrzeugbesitzer, wie diplomatischen Vertretungen oder Behörden, ritterten um ihr Recht, wie auch Fahrradwege, die in vielen Städten dankenswerterweise immer umfangreichere Ausmaße annehmen.
Mit der Zunahme an privatem Autobesitz ist der Kampf um das rare Stück öffentlichen Stadtgutes seit Jahrzehnten eines, das die Öffentlichkeit beschäftigt. Deshalb haben viele Städte und Regionen strenge Regelungen getroffen, um dem Missbrauch Herr zu werden. So werden Falschparker, sei es in doppelter Spur, ohne Zahlung der Parkgebühren oder Parker auf dem falschen Platz, von der Stadt durch Ordnungshüter zur Kassa gebeten. Auch wo in Taxis oder private Fahrzeuge ein- und ausgestiegen werden darf, und wie weit dann das Auto von der Bordsteinkante stehen darf, ist genau geregelt.
Mit Robotaxis kommt eine weitere Fahrzeuggattung hinzu, die Ein- und Ausstiegszonen für Passagiere benötigt. Und da wird von den Behörden streng gefordert, dass selbstverständlich auch autonome Autos sich an die Vorschriften und Gesetze halten sollen. So ist in San Francisco vorgeschrieben, dass ein Auto beim Ein- und Aussteigen nicht weiter als 18 Zoll (etwa 46 Zentimeter) von der Bordsteinkante entfernt sein darf. Damit soll sichergestellt werden, dass ein solches Fahrzeug nicht den Fließverkehr behindert. Natürlich darf es das aber wiederum nur an Plätzen, wo es zufahren darf, also beispielsweise nicht an Bushaltestellen, Behindertenparkplätzen oder Ladezonen, oder auf Fahrradwegen.
Das kann zu der paradoxen Situation führen, dass ein Robotaxi erst eine Straße weiter einen solchen Zustiegs- oder Ausstiegsort findet, und man dem Fahrzeug nachlaufen muss. Keine leichte Sache, wenn man mit Taschen oder Kinderwagen beladen, oder schlecht bei Fuß ist.
Das eigentliche Problem
Dabei wird das Problem von der falschen Seite aufgezäumt. Nicht Robotaxis (oder eben auch Taxis) sollten reguliert werden, sondern die eigentlichen Problemverursacher angepackt werden. Und das sind einerseits der überbordende private Autobesitz in einer Stadt, und andererseits die viel zu niedrigen Parkgebühren auf Straßenparkplätzen, einem öffentlichen Gut. So sind in San Francisco (und vielen anderen Städten) viele Parkplätze gratis, oft für einen bestimmten Zeitraum, und andere um verhältnismäßige niedrige Parkgebühren benutzbar. In San Francisco kostet eine Stunde in manchen Straßenzügen aktuell bis zu maximal sieben Dollar, wobei Anwohner oft gegen eine geringe monatliche oder jährliche Gebühr gratis parken dürfen. Auch Parkgaragen sind mit wenigen hundert Dollar Parkgebühr pro Monat für Fixparker angesichts der benötigten Raumes weit unter den ortsüblichen Mietpreisen (die liegen 2024 in San Francisco beispielsweise bei 3.500 Dollar pro Monat für eine Einzimmerwohnung).
Dieses Problem hat bereits der amerikanische Universitätsprofessor für Städteplanung, Donald Shoup, in seinem 2005 erschienenen Buch The High Cost of Free Parking beschrieben. Niedrige Parkgebühren auf Straßenparkplätzen führen dazu, dass noch mehr Menschen mit Autos in die Stadt fahren oder sich ein Auto anschaffen. Und das führt zu noch mehr Nachfrage nach Parkplätzen und einem Verhalten, das Falschparken fördert und nach mehr Regulierung schreit.
First Principle
Mit Robotaxis sollte auf das erste Prinzip (First Principle) zurückgegangen werden. Wieso gibt es so wenig Ein- und Ausstiegspunkte an Gehsteigkanten? Weil die von vielen Privatfahrzeugen zugeparkt sind. Wem gehören die Gehsteigkanten und Parkplätze? Der Stadt und damit der Öffentlichkeit. Wer reguliert die? Die Stadt. Wie kann man mehr Ein- und Ausstiegspunkte für Robotaxis schaffen? Indem man Parkplätze auflässt oder teurer macht und den privaten Autobesitz in der Stadt zurückdrängt, wie durch höhere Gebühren, mehr öffentliches Verkehrsangebot und Zugang zu Robotaxis.
Alle die nun nach mehr Regulierung zu Ein-und Ausstiegszonen für Robotaxis rufen, sollten zuerst mal in sich gehen und herausfinden, warum Städte Autos so viel Raum geben und wie das Gleichgewicht zugunsten gesharter Verkehrssysteme geändert werden kann. Nicht Robotaxis sollten das erste Regulierungsziel sein, sondern Privat-PKWs, die zu viel öffentliche Parkplätze verparken.
KREATIVE INTELLIGENZ
Über ChatGPT hat man viel gelesen in der letzten Zeit: die künstliche Intelligenz, die ganze Bücher schreiben kann und der bereits jetzt unterstellt wird, Legionen von Autoren, Textern und Übersetzern arbeitslos zu machen. Und ChatGPT ist nicht allein, die KI-Familie wächst beständig. So malt DALL-E Bilder, Face Generator simuliert Gesichter und MusicLM komponiert Musik. Was erleben wir da? Das Ende der Zivilisation oder den Beginn von etwas völlig Neuem? Zukunftsforscher Dr. Mario Herger ordnet die neuesten Entwicklungen aus dem Silicon Valley ein und zeigt auf, welche teils bahnbrechenden Veränderungen unmittelbar vor der Tür stehen.
Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

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