Was hat es mit dem Bann von chinesischer Software in Autos auf sich?

US-Präsident Joe Biden hat einen Gesetzesvorschlag zum Bann chinesischer und russischer Software in Autos eingebracht. Was genau hat es damit auf sich?

Generell gesagt sind moderne Fahrzeuge echte Datenschleudern und das aus gutem Grund. Viele Daten werden für die Fahrsicherheit, Wartung, Diagnostik etc. gesammelt. Vom Eis auf der Straße, Außen- und Innentemperaturen, Luftdruck in den Reifen, bis hin zu Beschleunigungen (auch seitliche bei Unfällen) werden Daten gemessen und gesammelt. Jedes Auto hat heute eine Blackbox in der Fahrdaten gespeichert werden und damit Diagnosen zum Zustand des Fahrzeuges und dem Fahrverhalten bei der Wartung oder nach einem Unfall getroffen werden können.

In den vergangenen Jahren kamen jede Menge weiter Daten hinzu, die Online-Daten für Verkehrsinformationen, Stromverbrauch, Batteriezustand, Ladestatus, die Aufnahmen der am Fahrzeug angebrachten Kameras und weiteren Sensoren, oder für den Betrieb von Fahrerassistenzsystemen benötigt werden und vieles mehr an Daten aufzeichnen. Einige Funktionen, die Daten sammeln, sind sogar vorgeschrieben, wie beispielsweise die Innenraumüberwachung durch Kameras im Auto, um den Fahrer zu überwachen, ob diese/r abgelenkt ist, isst oder raucht. Solches Fahrermonitoring ist in der EU sogar seit Sommer letzten Jahres vorgeschrieben.

Mein Tesla Model 3 aus dem Jahr 2019 beispielsweise verfügt über acht Außenkameras und eine Innenkamera. Diese Daten werden bspw. nach einem Unfall oder durch mein Aktion (Drücken des Aufnahmeknopfs am Touchscreen oder der Hupe) gespeichert und ich kann sie verwenden. So bspw. lebt der YouTube-Kanal Wham Baam TeslaCam von solchen aufgezeichneten Videos.

Allerdings kann man damit auch solche Autos als mobile Überwachungskameras benutzen. Ich parke ein Auto, und wenn jemand in einer gewissen Nähe vorbeimarschiert, dann zeichnet er auf. Das ist als Besitzer gut, wenn Vandalen sich am Auto vergreifen oder Fahrzeuge mit dem Tesla kollidieren. Über meine Tesla-App kann ich die Kameras sogar einschalten und aus der Ferne beobachten, was um das Auto los ist. Und ich kann mittels App genau herausfinden, wo sich mein Fahrzeug gerade befindet. Ideal, wenn ich mal wieder vergessen habe, in welcher Straße ich das Auto bei dem Straßenfest geparkt habe.

Das könnte nun jemand mit weniger guten Intentionen dazu verwenden, um Gegenden oder Objekte zu überwachen. Oder diese Person könnte die Innenkamera anzapfen, um Personen zu identifizieren oder zu beobachten. Dissidenten oder weniger gefällige Journalisten können so aufgespürt werden.

Damit ist die Gefahr gegeben, dass chinesische (oder russische) Automobilhersteller oder Zulieferer Hintertürchen für das Regime einbauen bzw. machen müssen. Und die Wahl haben sie zumeist nicht. Immerhin sitzt heute immer ein Vertreter des chinesischen Regimes im Vorstand oder Aufsichtsrat großer chinesischer Firmen, über deren Wünsche man sich nicht einfach hinwegsetzen kann, wie beispielsweise an Jack Ma, CEO und Gründer von Alibaba, demonstriert wurde, der sich kritisch über das Regime geäußert hat und der dann einige Monate von der Bildfläche verschwunden worden war.

Mit solcher Software können Leute ausspionieren, wie das Huawei mit seinen weit verwendeten Kommunikationstechnologien gemacht hat und die USA dieses Unternehmen daraufhin aus den USA verbannt haben. Die chinesische Regierung konnte durch die Hintertürchen in Huawei-Routern und Kommunikationstechnologie den Datentransfer und Telefongespräche anzapfen und mithören.

Neue Szenarien könnten mit autonomen Autos hinzukommen. Wir haben in den USA (z.B. San Francisco) bereits vollständig fahrerlose Robotaxis von Waymo im Betrieb (die fahren mittlerweile 100.000 bezahlte fahrerlose Fahrten pro Woche) oder die Tesla Full Self Driving (FSD), die ich auch auf meinem Tesla habe und damit schon etliche Fahrten in der San Francisco Bay Area und anderswo ohne einen einzigen Eingriff von mir durchführen konnte.

Chinesische Hersteller entwickeln selbst Selbstfahrtechnologie mit großer Anstrengung. Sie sind etwa 2-3 Jahre hinter den US-Firmen, aber sie arbeiten fleißig daran so etwas wie Waymo oder die Tesla FSD zu entwickeln und in die Autos aus eigener Produktion zu integrieren.

Nun stelle man sich vor, dass jemand mit bösen Intentionen, wie im Film Fast & Furious 8, diese Funktion dazu verwendet, damit jemanden absichtlich zu überfahren. Es wäre nur schwer nachweisbar, dass das kein technischer Fehler oder einfach nur ein Unfall gewesen war.

Insoferne sind die USA zu recht besorgt und haben vermutlich bereits, wie wir mit Tik Tok gesehen haben, konkrete Beweise, dass damit Menschen nachgestellt wurde.

Allerdings ist ein genereller Bann chinesischer oder russischer Software in Autos nicht so einfach zu bewerkstelligen. Heutzutage wird Software über viele Standorte hinweg entwickelt, und es ist kein Leichtes, diese zu identifizieren. Und was macht man mit Fahrzeugen, die bereits im Land sind? Müssen die alle Software aus diesen Ländern nun entfernen? Die Durchführung eines solchen Banns scheint wenig praktikabel.

Ein solcher Bann wirkt sich, wie auch die Strafzölle, unmittelbar auf die Preise der Fahrzeuge aus. In einer Zeit, wo die Regierungen einen Umstieg auf Elektroautos bzw. Zero-Emissionfahrzeuge fördern, ist das eine Maßnahme, die gegenteilige Auswirkungen hat. Die Fahrzeuge werden teurer.

Deshalb finde ich es recht merkwürdig, wenn die EU mit Huawei total OK ist und deren Technologie weiterhin verwendet, aber andererseits völlig ausrastet, wenn es heimische Unternehmen betrifft und da sofort mit dem Datenschutzgesetz droht. Da wird auf der einen Seite (China, Russland) tatsächlich massiv spioniert und Datenschutzverletzung begangen, aber wir hauen lieber auf die heimischen Unternehmen hin und erschlagen sie.

Quintessenz: auch wir sollten über einen solchen Bann nachdenken.

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Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

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