Ein Teilnehmer einer Delegation eines deutschen Premiumhersteller fragt, wie das Silicon Valley die deutsche Autoindustrie sieht. Eine gute Frage. Als ich 2001 ins Silicon Valley zog war ich überrascht wie viele deutsche Marken hier gefahren wurden. Die Dichte an Mercedes, BMW, Porsche oder Volkswagen im Verkehr ähnelte dem deutscher Straßen. Jeder der es sich leisten konnte – und im Silicon Valley können das viele – fuhr eine deutsche Marke. Kein Wunder, gibt doch deutsche Ingenieurskunst die Messlatte für Qualität und Design vor. Steve Jobs beispielsweise fuhr jahrelang nur Mercedes.
Das vorherrschende Gefühl für deutsche Hersteller im Jahr 2001 war Bewunderung. Im Jahr 2017 ist die Bewunderung für die Verarbeitungsqualität noch zu spüren, sie wurde aber von Wehmut abgelöst. Dasselbe Gefühl das man hat, wenn man eine einstmals große Marke, Nation oder Person im Niedergang erlebt. Dabei ist es nicht so, dass man nichts im Silicon Valley unternommen hatte, deutsche Hersteller darauf hinzuweisen. Jeder Industrieexperte aus dem Silicon Valley, mit dem ich in den vergangenen Jahren zu tun hatte, warnte deutsche Delegationen vor den sich mitten im Ablauf befindlichen Änderungen und wies auf die Dringlichkeit hin zu reagieren und die eigenen Unternehmen umzukrempeln. Aber vier Jahre nachdem Tesla sein Model S auszuliefern begann, haben deutsche Hersteller nach wie vor weder etwas Vergleichbares im Angebot noch in Planung. Allen Ankündigungen zum Trotz scheinen die Ansätze unmotiviert und lahmarschig.
Im Silicon Valley sind heute die Tesla Model S und X die Zeichen dafür, dass ‚man es geschafft hat’ und zur ‚In-Gruppe’ gehört. Selbst die eingefleischtesten Fans deutscher Marken beginnen an ihrer Loyalität zu zweifeln. Eine deutsche Marke zu fahren wird langsam zum Zeichen, einer alten Industrie anzugehören und zum Dinosaurier zu werden. Etwas, bei dem man gerade im Silicon Valley – dem globalen Hort der Innovation – sehr feinfühlig ist. Der Anspruch auf Technologieleadership zieht sich durch alle Industrien im Silicon Valley.

Dem Wunsch zu helfen weicht so langsam die Erkenntnis, dass nur jemandem geholfen werden kann, der sich helfen lassen will. Jüngste Ankündigungen deutscher Hersteller von Milliardeninvestitionen in alte Antriebstechnologien zeugen von einem: man hat wenig von den Zeichen der Zeit verstanden und will sich nicht helfen lassen.
Ein Mitarbeiter eines deutschen Hersteller schildert die Frustration aus eigener Erfahrung. Seine Jahre, die er in der amerikanischen Automobilmetropole Detroit verbracht hat, ließen ihn die ganze Zeit wundern, ob die Zukunft von Stuttgart oder Wolfsburg eine ähnliche ist. Noch hat er die Antwort nicht gefunden, und es bleibt ihm immer weniger Zeit, nicht wehmütig zu werden.
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