Elektroauto Tipping Point

Ab welchem Zeitpunkt ist der Moment erreicht, wo ein neues Produkt unaufhörlich das alte verdrängen und ersetzen wird? Abhängig vom Produkt wird dieser Tipping Point bei unterschiedlichen Prozentzahlen angesetzt. So hat Bloomberg sich Elektroautos angesehen und diese Tipping Point bei fünf Prozent der Neuzulassungen festgestellt.

Was genau geschieht in diesem Moment? Sind Elektroautos oder beispielsweise Smartphones anfänglich noch eine ungewohnte Neuigkeit, die unsere Aufmerksamkeit erregen, so sind sie innerhalb kurzer Zeit gewohnter Teil der verwendeten Technologien. Beim Smartphone dauerte es 10 Jahre von Neuheit bis es ungewöhnlich wurde, dass jemand *kein* Smartphone hatte.

Beim Tipping Point geschehen mehrere Dinge, die wichtig sind für die weitere Entwicklung. Zuerst wird ab diesem Moment es für die Hersteller, Händler oder Politik interessant, in entsprechende Infrastruktur verstärkt zu investieren. Ladestationsnetzwerke, Servicestätten, Batterierecycling und andere spezifisch für Elektroautos benötigte Einrichtungen gewinnen an Gewicht und beginnen sich zu rentieren. Die Berichterstattung in den Medien und auf sozialen Plattformen nimmt zu. Das Interesse an der neuen Technologie schwappt von den Vorreitern zu den nächsten Schicht an Personen.

Innovationskurve

Bloomberg sieht nun diesen Tipping Point in den USA erreicht. Im vierten Quartal 2021 lagen die Elektroautoverkaufsanteile bei 5,3 Prozent. Damit folgen die USA 18 anderen Ländern, darunter Österreich, Belgien, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Island, Irland, Italien, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Portugal, Südkorea, Schweden, Schweiz und Großbritannien. Als nächste Länder werden Kanada, Australien und Spanien folgen.

19 Länder haben die 5%-Grenze erreicht
Quellen: BloombergNEF; Bloomberg Intelligence; ACEA; CATARC; OFV; Neuseeländisches Verkehrsministerium

Sobald es zum Überschreiten des Grenzwert kommt, kippt dass System. Waren vorher noch große Schwankungen, so steigen nun die Zulassungen exponentiell an. Dabei folgt die Kurve den von anderen Ländern und damit kann – unter der Voraussetzung, dass die Hersteller der Nachfrage nachkommen können – die Adoptionsrate vorausberechnet werden. So erreichte Norwegen fünf Jahre nach dem Erreichen des Tipping Points eine Neuzulassungsrate von Elektroautos von 50% und nach 8 Jahren 80%.

Einschließlich der Plug-in-Hybride haben 17 Länder die 10%-Schwelle überschritten.
Quellen: BloombergNEF; Bloomberg Intelligence; ACEA; CATARC; OFV; Neuseeländisches Verkehrsministerium
Anmerkung: Einschließlich Plug-in-Hybride (PHEV) und vollelektrische Fahrzeuge (BEV). Für die Niederlande und Österreich wurde ein ungewöhnlich hohes Quartal vor Beginn des Schwellenwerts herausgerechnet.

Inkludiert man die Plugin-Hybride dann ergibt sich ein ähnliches Bild, mit einem Tipping Point von 10 Prozent. Dort erreicht Norwegen nach 8 Jahren bereits mehr als 90 Prozent der Neuzulassungen, die auf Elektroautos und Plugin-Hybride fallen.

Sobald 10 % der Verkäufe eines Unternehmens in Europa elektrisch sind, verdreifacht sich diese Zahl schnell.
Quellen: BloombergNEF; Bloomberg Intelligence; Automobilhersteller
Anmerkung: Toyota ist der größte Automobilhersteller, der die 10%-Schwelle in Europa nicht erreicht hat. Die Daten umfassen BEVs und PHEVs

Das wirkt sich auf die Verkaufszahlen der Hersteller selbst aus. So beträgt der Anteil der verkauften Elektroautos für ein Unternehmen nach nur 2 Jahren nachdem der Schwellwert von 10 Prozent erreicht worden war, bereits zumindest ein Drittel. Bei Geely/Volvo waren es sogar zwei Drittel.

Nachdem die weltweiten Produktionszahlen für Elektroautos sich in den letzten zwei Jahren verdoppelt haben, scheint der vollständige Umstieg auf Elektroautos unvermeidlich, auch wenn noch kein einziges Land aus Lateinamerika, Afrika oder Südostasien den Tipping Point erreicht hat. Zumindest aber ist umgelegt auf die weltweiten Verkäufe auch hier der Tipping Point erreicht. Letztes Jahre überschritten die Neuzulassungen für Elektroautos fünf Prozent.

Noch mehr Details gibt’s bei Bloomberg.

Als 1977 Elvis Presley starb, wuchs die Zahl an Elvis-Imitatoren in kurzer Zeit so sprunghaft an, dass bei einer Fortsetzung des Trends im Jahr 2000 ein Drittel aller Amerikaner ihren Unterhalt als Elvis-Imitatoren verdienen würden.
Wieso kam es aber nicht dazu? Das lässt sich mit den Methoden des Foresight Mindsets erklären.
Zukunft lässt sich vorhersagen. Einigermaßen, mit einer gewissen Unschärfe jedenfalls. Diese Disziplin ist erlernbar und das ist zugleich die gute Nachricht. Man muss nicht erst auf Futuristen und Zukunftsforscher warten, die einem die nächsten Trends erklären. Organisationen können sich selbst darauf vorbereiten und ein strategisches Set an Werkzeugen in ihren Kanon aufnehmen. Die Werkzeugkiste in diesem Buch hilft dabei nicht nur zu reagieren, sondern ermöglicht, von Anfang an die Gestaltung der Zukunft mitzubestimmen.

€29,80 | 278 Seiten | 2.4.2019
Amazon | Verlag Franz Vahlen

Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

1 Kommentar

Hinterlasse eine Antwort

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s