Intelligent Park Pilot: Mercedes macht deutlich, warum wir verloren haben

Was ist trauriger, als eine freudige Ankündigung eines deutschen Herstellers, der sich mit einer Technologie brüstet, die niemand braucht und fast nirgendwo funktioniert?

Mercedes hat mal wieder den Vogel abgeschossen. Schon vor drei Jahren stellten die Stuttgarter den Intelligent Park Pilot vor und ich habe ihn schon damals zerrissen. Was macht er? Mit dem kann man in einer Garage am Flughafen vorfahren und dann nach dem Aussteigen den Mercedes zum Parken alleine losschicken.

Mercedes-Vorstandsmitglied Markus Schäfer gab das voller Stolz auf LinkedIn kund. Was damals nur der S-Klasse als entgeltliche Zusatzfunktion zur Verfügung stand, ist nun – Trommelwirbel! – auch für die Elektrofahrzeuge EQS und den EQE verfügbar. Gegen Aufgeld!

Mit diesem hochautomatisierten und fahrerlosen Parkfunktion (SAE Level 4) schickt man sein Fahrzeug von einer Ausstiegsstelle in einer Garage los, und das Auto fährt dann selbst zum vorgebuchten Parkplatz. Die Garage selbst muss mit teuren Sensoren ausgestattet sein, damit es das Fahrzeug zum Parkplatz steuern kann.

Um das zu übersetzen: man kann das momentan nur in einer einzigen Garage am Stuttgarter Flughafen machen, deren Umbau einiges Geld gekostet hat. Dabei kann man nicht etwa beim Terminal aussteigen und das Auto parkt etwa selbständig in der Garage oder fährt gar nach Hause. Nein! Man muss selbst das Auto in die Garage fahren, dort die Aussteigestelle (Staging Area) finden, dann muss vorab ein Parkplatz gebucht werden, denn das Auto kann sich nicht etwa einen beliebigen freien Parkplatz suchen, und dann erst muss man selbst von der Garage zum Terminal zu seinem Flug gehen. Beim Abholen ist es umgekehrt: man muss vom Terminal zur Garage, dann zuerst mal die Parkgebühr zahlen, und dann wieder in der Staging Area warten, bis das Auto zu einem kommt.

Mit anderen Worten: der Intelligent Park Pilot ist eine kostenpflichtige Funktion, die nichts kann und die niemand, aber auch wirklich niemand braucht.

Während in San Francisco Level 4 für Waymo und Cruise bedeutet, dass diese Robotaxis 24 Stunden und 7 Tage die Woche ohne Fahrer in der ganzen Stadt betreiben dürfen und seit einigen Tagen auch Fuhrgeld verlangen dürfen, brüstet sich Mercedes mit Einparken, das nur in einer einzigen Garage weltweit geht. Ist das den Mercedes-Leuten nicht einfach selbst peinlich?

Wir erkennen zugleich die Problematik der SAE Levels zu autonomen Fahren. Das was Mercedes im Vergleich zu Waymo und Cruise als Level 4 beschreibt, ist auf der einen Seite Tipp-Kick (Mercedes) und auf der anderen Seite Champions League (Waymo und Cruise). Wir sollten die SAE Level endgültig zu Grabe tragen, denn das Beispiel von Mercedes zeigt die Absurdität der Einteilung.

Die Tatsache, dass der Mercedes-Vorstand sich mit dem Intelligent Park Pilot auch noch brüstet, ist ein Zeichen, dass wir in Deutschland völlig aufgegeben haben. So wird man nicht zum Technologieführer. Wir haben sie bereits komplett verloren. Eine Peinlichkeit sondergleichen.

Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.