Vor etwa drei Wochen erhielt ich per E-Mail den Zugangscode für eine App, die mir Fahrten mit einem Robotaxi erlaubte. Die App stammt von Cruise, einem Startup, das 2016 von General Motors um knapp eine Milliarde Dollar erworben worden war. Damit konnte ich nun die seit August 2021 in San Francisco fahrenden Cruise Robotaxi selbst nutzen. Das Besondere daran: diese Robotaxis fahren fahrerlos. Es befindet sich niemand im Auto, wenn es Fahrgäste abholt.
Dank eines Freundes, der schon ein paar Monate vorher den Zugang zur App erhalten hatte, konnte ich schon Anfang Juli meine ersten beiden Fahrten machen. Darüber habe ich berichtet, vor allem auch weil uns zwei Kojoten über den Weg gelaufen waren. Mittlerweile, mit meiner eigenen App, fuhr ich weiter 24 Mal, wobei ich mit zwei Ausnahmen immer ein oder zwei Freund mitgenommen habe. Cruise-Fahren ist ein soziales Erlebnis!

Diese Fahrten, die alle zwischen sechs bis achtzehn Minuten dauerten, fanden zwischen 22 Uhr und 5:30 Uhr statt, da das der aktuelle Zeitraum ist, in denen die Cruise Robotaxix fahrerlos unterwegs sein dürfen. Die Service Area der Robotaxi umfasste während meiner bisherigen 26 Fahrten in etwa ein Drittel der Stadtfläche. Ab November soll dieser dann auf fast die ganze Stadt ausgeweitet werden. Der Zeitraum soll ebenfalls mit der Zeit ausgeweitet werden.
Cruise App
Zentrales Instrument für mich war die App, die man vom amerikanichen Apple Store aufs Smartphone laden konnte. Die Cruise App ist vergleichbar mit den bekannten Ridehailing Apps von Lyft oder Uber, mit der Ausnahme, dass einige Funktionen anders sind. Diese sind notwendig um Zugang zum Auto zu erhalten, das Fahrtziel während der Fahrt zu ändern, die Fahrt vorzeitig zu beenden, oder um die Zentrale anzurufen.
Ansonsten funktioniert sie wie bei anderen Ridehailingdiensten gewohnt: die App erkennt den eigenen Standort, man gibt ein Ziel, sei es eine exakte Adresse oder ein Lokal ein. Die App sucht dann ein freies Fahrzeug, gibt an wie viele Minuten es entfernt ist, welchen Namen und Kennzeichen das Fahrzeug hat, und berechnet den Preis und die voraussichtliche Fahrtdauer.
Nach jeder Fahrt fragt die App nach einer Bewertung, Nach einer allgemeinen Zufriedenheit in Form von ein bis fünf Sternen, und dann noch detaillierte zu Sachen wie Reinheit des Autos oder Fahrkomfort, insgesamt so um die acht Kriterien, bei denen man den Daumen nach oben oder unten drücken kann.
Abholung
Der Ort, wo einen das Fahrzeug abholt, hängt von den Gegebenheiten des eigenen Standorts ab. So bemerkte ich, dass das Fahrzeug bei einigen Orten, wo es nicht gut hinkommt oder aus rechtlicher Sicht nicht anhalten darf, einen anderen Ort sucht. Das kann ein paar Meter davor oder danach sein, oder um die Ecke, oder sogar erst auf dem nächsten Straßenzug. Manchmal bleibt es sogar mitten auf der Straße stehen. Orte, an denen das Fahrzeug typischerweise woanders stehen bleibt, sind beispielsweise Bushaltestellen (dort darf das Fahrzeug nicht anhalten und Passagiere aufnehmen oder abladen), Radwege, Einfahrten und andere unübersichtliche Plätze. Die besten Abholpunkte, die man als Passagier auswählen kann befinden sich bei freien Parkplätzen (mehr als einer) oder entsprechende Zufahrten bei Hotels und Restaurants.
Sobald das Fahrzeug angekommen ist, wird auf der App eine Schaltfläche sichtbar, mit der die Türen des Autos geöffnet werden können, damit die Passagiere zusteigen können. Weil das Auto eben nicht immer am gewählten Abholpunkt stehen bleibt, gibt das Robotaxi den Passagieren 5 Minuten zum Öffnen der Tür Zeit. Bis dahin wartet es geduldig mit eingeschalteter Warnblinkanlage.
Interessant ist, dass es in San Francisco ein Gesetz gibt, das vorschreibt, wie und wo ein Taxi Fahrgäste zusteigen lassen darf. Es darf dabei üblicherweise nicht mehr als 18 Zoll (knapp 46 Zentimeter) vom Bordstein entfernt anhalten, mit der Ausnahme von Umständen, die das nicht ermöglichen und das Fahrzeug in einer Fahrspur stehen bleiben muss. Cruise war in den vergangenen Wochen vorgeworfen worden, diese in San Francisco geltenden Vorschriften zu verletzen. Wer aber San Francisco kennt, sieht das immer wieder bei Taxis und anderen Verkehrsmitteln auch.
Fahrzeuge
Die Robotaxis verwenden als Basis den Chevrolet Bolt, der in Europa als Opel Ampera bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein batterieelektrisches Fahrzeug, das stark modifiziert wurde. So haben die orange-weiß gefärbten Fahrzeuge am Fahrzeugdach und auf den Außenspiegeln Sensoren angebracht. Dabei handelt es sich um Lidars, Radar, Kameras und Ultraschall. Im nicht zugänglichen Kofferraum befinden sich die Serverracks, die während der Fahrt durch ein leises Ventilationsgebläse auf sich aufmerksam machen.
Der Fahrgastraum befindet sich auf der Rückbank, der Fahrer- und Beifahrersitz sind für die App-Benutzer nicht zugänglich. Auch ist der Fahrgastraum von den vorderen Plätzen durch eine Plexiglaswand abgetrennt, sodass Fahrgäste nicht in die Lenkeinrichtung eingreifen können. Insgesamt sieht man drei Bildschirme im Fahrzeug, eines vorne, eines auf den Rückseiten der Vordersitze angebracht, auf denen die Fahrstrecke angezeigt werden. Dort können auch Radiosender ausgewählt, Trivia-Fragen beantwortet und Klimaanlage kontrolliert werden.
Unter dem Fahrzeugdach befinden sich sowohl auf den Vorder- als auch Rücksitzen zwei Knöpfe, mit denen man die Fahrt vorzeitig beenden oder die Betriebszentrale kontaktieren kann. Beendet man die Fahrt vorzeitig – was auch per App gemacht werden kann – fährt das Fahrzeug bei der nächsten sicheren Möglichkeit ran. Kontaktiert man die Betriebszentrale, dann meldet sich ein Operator, mit dem man das Anliegen besprechen kann. Öffnet man von innen die Türe, bevor die Fahrt beendet wurde, bleibt das Fahrzeug sofort stehen und schaltet das Fahrzeug den autonomen Fahrmodus aus und ruft die Betriebszentrale an.
Jedes der dutzenden Fahrzeug hat einen eigenen Namen, die auf der Motorhaube und der Rückseite aufgedruckt sind. Damit kann das bestellte Fahrzeug leichter gefunden werden, sollten mehrere Leute in der Umgebung eines bestellt haben. Die Namen selbst sind unter anderem aus der Welt der Fauna und Flora genommen, wie beispielsweise Scarab, Butternut Squash, beschreiben Farben wie Cyan, oder sonstige Worte wie Pride. Letzteres hatte auch einen Regenbogen aufgemalt, immerhin befinden wir uns ja in der Stadt San Francisco, wo die LGBTQIA+ Community besonders stark ist.
Sobald man das Fahrzeug betritt, wird man von einer männlichen Computerstimme begrüßt. Eine willkommene Abweichung von den üblicherweise weiblichen Stimmen, wie wir sie von Sprachassistenten, Navigationssystem oder sonstigen Robotern kennen. Die Auswahl von weiblichen Stimmen für solche Dienste hat in den letzten Jahren schon kritische Stimmen hervorgebracht, die das als Verfestigung der Stereotypisierung von Frauen in dienender Rolle sehen. „Intelligente“ Systeme wie IBMs Watson erhielten männliche, Systeme, denen man etwas anschafft, weibliche Stimmen. Nicht so bei Cruise – und das ist erfrischend.
Diese Stimme heißt die Fahrgäste nicht nur willkommen, sie weist auch darauf hin, dass man keine Hände oder Gegenstände aus dem Fahrzeug halten soll, wenn man das Fenster aufmacht. Auch kündigt sie das Fahrende an und bittet keine Sachen im Auto zurückzulassen oder zu vergessen.
Die Rückbank des Fahrzeug ist recht knapp bemessen, man sitzt vor allem alleine oder zu zweit bequem, bei drei Personen wird es zu einer Herausforderung, speziell beim Anlegen der Sicherheitsgurte, bei denen wir uns immer gegenseitig helfen mussten. Aber mit dem zukünftigen Cruise Origin soll sich das dann ändern.
Eine Frage, die ich auch immer wieder gestellt bekam war, was denn die Fahrzeuge ohne Passagiere machen würden. Nun ja, sie fahren einfach leer durch die Gegend. Immerhin gilt es nach wie vor, Kilometer abzuspulen und seltene Verkehrssituationen zu erfahren. Cruise hatte zu solchen Begegnungen ein musikalisch untermaltes Video veröffentlicht:
Auf den 26 Fahrten gab es kaum eine, bei denen wir nicht andere, zumeist leere Cruise begegneten. Auch autonome Fahrzeuge anderer Hersteller wie Waymo konnten wir immer wieder sehen.
Die Fahrten
Sobald man in das Fahrzeug eingestiegen, die Türen geschlossen und die Sicherheitsgurte angelegt hat, geht es los. Auf den Bildschirmen und auf der App erscheint ein Knopf, mit dem die Fahrt gestartet werden kann. Die Fahrzeuge bewegen sich erstaunlich zügig durch den Verkehr, der klarerweise zwischen 22 Uhr und 5:30 Uhr nicht wirklich dicht oder anspruchsvoll wie Untertags oder in der Stoßzeit ist.
Trotzdem überrascht die Sicherheit, mit der das Fahrzeug fährt, auf Verkehrssituationen reagiert und ausweicht. In zweiter Fahrspur geparkte Fahrzeuge, aus einer Einfahrt hervorstehende Autos, Kojoten, Fußgänger die sich mitten auf der Straße befinden, Radfahrer denen es ausweicht, und selbst Einsatzfahrzeuge, die es richtig interpretiert. Dazu später noch mehr.
Die Fahrweise bei allen Fahrten fühlten sich sehr sicher an. Sie ist sehr weich und angenehm und rief bei niemanden Schwindel oder Angst hervor. Zwar gab es das eine oder andere Ruckeln, aber das fiel fast nicht auf. Einmal gab es sogar ein Phantombremsen, und ein anderes Mal einen schnellen Stopp, weil ein Fußgänger, der eine rote Ampel hatte, vor dem abbiegenden Auto über die Kreuzung gehen wollte. Keine Sorge, dem Fußgänger passierte gar nichts. Er wartete auf das grüne Ampelzeichen und querte die Straße erst dann.

Auf sozialen Medien wurden in den letzten Wochen auch einige Berichte von stehengebliebenen Cruises gemeldet, wie beispielsweise hier oder hier. Tatsächlich hatte auch ich einige stehengeblieben Fahrzeuge erlebt, drei davon an einem Abend. Beim Versuch die Fahrzeuge zu rufen, kamen diese zwar an, fuhren dann aber nicht los, sobald wir drinnen saßen. Auf den Bildschirmen wurde angezeigt, dass der autonome Fahrmodus ausgeschaltet war und die Betriebszentrale angerufen worden war. Nachdem das gleich dreimal in Folge passierte, vermutete ich – und hier kommt der ehemalige SAP-Softwareentwickler in mir hervor, dass diese etwas gemeinsam hatten: sie waren alle auf Straßen, die an der Grenze zur Service Area lagen, liegen geblieben. Sie schienen fälschlich angenommen zu haben, dass sie sich außerhalb der Service Area befinden würden, und schalteten sich deshalb ab. Aber das ist nur eine Vermutung. Eine andere Fahrt konnte auch nicht beginnen, weil das Fahrzeug scheinbar durch die Nähe zur Bordsteinkante oder eines anderen Grundes nicht losfahren wollte.
Jedes Mal waren innerhalb von wenigen Minuten Servicetechniker von Cruise da, die das liegen gebliebene Fahrzeug übernahmen und manuell wegfuhren. Diese sind nicht lange außer Betrieb, denn eines der Fahrzeuge hatte ich eine halbe Stunde später dann als Robotaxi wieder, und diesmal klappte dann alles reibungslos.
Eine kleine Beobachtung betrifft die Türen. Nicht nur mir, sondern auch meinen Mitfahrern war es mehrmals passiert, dass sie die Türen nicht vollständig zuschlugen und nochmals nach dem Türgriff langten. Doch das Robotaxi hatte die Türe dann schon selbständig zugezogen. Es scheint so zu sein, dass die Türen einen elektrischen Schließmechanismus haben, mit dem das Fahrzeug die geöffneten Türen selbständig zuziehen kann. Das macht natürlich Sinn, wenn ein vergesslicher Fahrgast die Türe nicht schließt. In solch einem Fall könnte das Robotaxi nämlich nicht weiterfahren und müsste solange warten, bis herbeigerufene Serviceleute ankommen und die Türe manuell schließen.
Andere Verkehrsteilnehmer
Zweimal in diesen Fahrten begegneten wir Einsatzfahrzeugen. Einmal war es ein Polizeifahrzeug, dass uns mit hoher Geschwindigkeit im Einsatz entgegenkam, ein anderes Mal waren es zwei Feuerwehrfahrzeuge, die auf einer zweispurigen Einbahnstraße rechts mit eingeschalteten Blaulichtern standen.
Im ersten Fall fuhr unser Cruise schon zwei Straßenzüge vorher rechts ran, um dem entgegenkommenden Polizeiauto aus dem Weg zu gehen. Das ist vorgeschrieben in den USA. Einsatzfahrzeugen, die in der eigenen Richtung oder in der Gegenrichtung auf Straßen fahren, bei denen es keine physische Trennung gibt, müssen andere Verkehrsteilnehmer Platz machen, indem sie rechts ranfahren und stehenbleiben.
Im zweiten Fall zögerte das Cruise etwas, bevor es über die Kreuzung fuhr, da es zuerst herausfinden musste, ob die Feuerwehren sich bewegen oder ob sie gestoppt sind und es sicher ist, auf der rechten freien Fahrspur an ihnen vorbeizufahren. Nach etwa 5 bis 10 Sekunden fuhr unser Cruise los und passierte die beiden Einsatzfahrzeuge.
Ein Fahrradfahrer, den wir überholten, wich unser Cruise mit großzügigem Sicherheitsabstand aus, definitiv mit mehr als ich es getan hätte. Ein Pluspunkt für Cruise und eine Tatsache, die Fahrradfahrer – zu denen ich auch zähle – freuen wird.
Fußgänger, die erkennen, dass das Auto fahrerlos unterwegs ist, zeigen oft mit leuchtenden Augen auf das Auto und deuten ihren Freunden. Auch Fahrer von anderen Fahrzeugen schauen erstaunt herüber und fahren dann parallel zum Fahrzeug, um sich zu vergewissern, dass das was sie sehen, wirklich wahr ist.
Wenn ich mit meinen Freunden das auf der Rückbank mitgekriegt haben, winkten wir immer. Einmal wurde ich von einem Pärchen sogar angesprochen, als sie mich aus dem Cruise steigen sahen. Sie wollten alles über die Fahrt wissen und wie es sich anfühlt, Sie gaben auch an, dass sie selbst sich schon auf die Cruise-Warteliste als Testbenutzer eingetragen hatten.
Manche Fahrer hupen das Cruise an, wenn es ihnen im Weg steht oder zu langsam scheint. So gab es einen Moment, als das Cruise auf der Polk auf der Fahrbahn stehen ließ, um uns rauszulassen. Ein ungeduldiger Fahrer hupte das Auto wütend an, nur um dann in gefährlich schneller Weise auf der Gegenfahrbahn dahinzurasen um es zu passieren.
Bedenkt man, dass ein Robotaxi nicht trinkt oder Drogen nimmt, nicht müde ist, nicht abgelenkt durch ein Gespräch oder den Blick aufs Smartphone, auch nicht zornig wird, wenn es von anderen geschnitten wird, oder jemanden imponieren will oder sonst irgendwie rücksichtslos ist, dann sollten alleine das schon ausreichende Gründe sein, diese Technologie Menschen als Fahrer vorzuziehen.
Kosten
Die Fahrten mit dem Cruise sind nicht kostenlos, nur die erste Nacht, sobald man die App erhalten hat, ist es. Der Fuhrlohn orientieren sich dabei an den andere Ridehailingdienste wie Uber und Lyft. Tatsächlich hatte ich eine Nacht einen direkten Vergleich, weil nach der ersten Fahrt von der Polk Street zur Fillmore Street in San Francisco ganz leichter Regen einsetzte. Es waren einzelne Tropfen für 1-2 Minuten, doch das genügte, dass Cruise alle Fahrzeuge zurückrief und den Dienst einstellte. Das hat weniger mit dem Können der Fahrzeuge als der Lizenz durch die Behörden zu tun. Bei Regen dürfen Cruise aktuell nicht fahren.
Wie auch immer, wir mussten jedenfalls ein Lyft zum Ausgangspunkt zurücknehmen. Mit Cruise bezahlte ich $7,98. mit dem Lyft hingegen gab es folgende Ausgaben: $9,96 + 2,00 Trinkgeld, wobei der Preis von Lyft von $9,96 folgendermaßen aufgeschlüsselt war: ein Fahrpreis von $6,05, eine Servicegebühr von $3,60 (einschließlich $0,30 Lyft California Driver Benefits Fee) und eine San Francisco Rideshare-Steuer von $0,31.
Mangels Fahrer und den zuständigen Gebühren dafür, fallen diese weg. Und Trinkgeld an die Ingenieure und Operatoren im Hintergrund habe ich auch noch nicht gezahlt. Die Cruise App jedenfalls bietet keine Trinkgeldfunktion an.
Noch etwas: wenn Cruise nun steigende Fahrgastzahlen und einen Gewinn meldet, dann bin ich daran nicht ganz unschuldig gewesen.
Gefühle
Wie fühlt sich die Fahrt in einem fahrerlosen Robotaxi an? Für die meisten sind die ersten Minuten im Robotaxi aufregend. Der Herzschlag ist erhöht, man kann es nicht glauben. dass da vorne niemand sitzt und sich das Lenkrad wie von Geisterhand bewegt. Alles ist neu, die Aufmerksamkeit teilt sich auf das Verkehrsgeschehen, dem Lenkrad und der neuartigen Erfahrung auf. Nach einigen Minuten aber erscheint es den Neulingen als völlig unspektakulär. Das Fahrzeug macht seinen Job, fährt wie ein mittelguter Fahrer, allerdings sicherer, vorsichtiger, jedenfalls nicht aggressiv.
Das ist oft der Moment, wo sich die Fahrgäste auf andere Details konzentrieren. Sie beginnen Fragen zu stellen. Wozu ist dieser Knopf? Was passiert in diesem Fall? Wann glaubst du, wird es Robotaxis auch bei uns daheim geben? In einigen Fällen wechselten wir sehr rasch auf andere Themen über, die gar nichts mit dem Robotaxi und der Technologie zu tun hatten. Die Fahrgäste vergaßen rasch, dass sie in einem fahrerlosen Auto saßen. Die Normalität zog ein.
Einige fragten sich sogar, was die große Aufregung und Angst vor dieser Technologie sei und warum es sie erst jetzt gäbe. Der Tenor ist, dass die Fahrten in einem Robotaxi spektakulär unspektakulär sind. Jeder einzelne Bekannte und Freund, die ich mit genommen hatte, war von der Technologie wenn schon nicht vorher, dann sicherlich nach der Fahrt absolut überzeugt.
Es erscheint mir ähnlich zu sein wie bei den Elektroautos. Ich begegnete über die Jahre etlichen Skeptikern, ja sogar ausgesprochenen Elektroautohassern. Als diese dann das erste Mal in einem drin saßen und mit mir mitfuhren, waren sie sofort dafür gewonnen. Einige kauften sich sogar gleich einige Tage später selbst ein Elektroauto.
Genau so geschieht es bei autonomen Autos. Schon während der ersten Fahrt wird diese Technologie als Normalität wahrgenommen, der man vertrauen kann. Zugegeben, ich und meine Freunde und Bekannten sind an neuen Technologien interessiert und stehen ihnen offen gegenüber, ohne nicht auch mögliche Risiken zu sehen. Aber viel Überzeugungsarbeit war da nicht notwendig, denn die Technologie klappte fast immer reibungslos.
Zusammenfassung
Was also habe ich gelernt?
- Die Technologie ist erstaunlich robust in der aktuellen Betriebsdomäne.
- Nach nur wenigen Minuten erscheint eine Fahrt mit dem Robotaxi als völlig normal und spektakulär unspektakulär.
- Sowohl die Fahrgäste als auch Passanten sind von den fahrerlosen Robotaxis angetan und zeigen ihre Freude.
- Um vulnerable Verkehrsteilnehmer herum verhält sich das Robotaxi besonders vorsichtig.
- Trotzdem ist es doch zügig unterwegs, wenn es kann.
- Und das alles ohne Gesetze oder Regeln zu verletzen. Die beobachteten Regelverstöße kamen von menschlichen Fahrern.
- Manche Autofahrer fühlen sich durch die Robotaxis und deren Fahrweise provoziert und verhalten sich aggressiv.
- So wie wir lernen mussten, den Umgang mit dem Straßenverkehr um Autos zu lernen, genauso werden wir den Umgang mit Robotaxis lernen müssen. Das Wissen um deren Limitationen und neuen Möglichkeiten macht deren Benutzung für Menschen einfacher.
- Die Fahrpreise heute widerspiegeln sicherlich noch nicht den Betriebs- und Entwicklungskosten, aber sie könnten in Zukunft deutlich unter den Preisen heutiger Transportsysteme liegen. Die Schätzungen gehen auf 80 bis 90 Prozent geringere Tarife oder in Einzelfällen sogar zu kostenlosen Fahrten.
Was würde ich mir noch wünschen? Luxusprobleme, aber weil danach gefragt wurde:
- Eine Anzeige im Auto, die mir darstellt, welche wesentlichen Objekte das Cruise sieht.
- Einen Ladeplatz oder -anschluß für mein Smartphone.
- Generell mehr Customizing, wie Sitzeinstellungen, Musikgeschmack, Klimaanlage und ähnliches. Das wird bei öfterem Fahren vermutlich ohnehin ausgewertet und als Service angeboten werden.
- Vielleicht als baldiges Feature Zwischenziele, wenn man Mitfahrer auf dem Heimweg von der Bar zuhause abliefern will oder die Kinder zuerst in der Schule abliefern und selbst dann ins Café fahren will.
- Die Auswahl von Fahrzeugtypen, um eine unterschiedliche Anzahl an Mitfahrern mitnehmen zu können oder, oder größere Einkäufe transportieren zu können, oder wenn man sich mal einen luxuriöseren fahrbaren Untersatz gönnen möchte.
- Dass die Robotaxis sehr bald auch tagsüber fahren und größere Regionen abdecken.
Alles in allem sieht man das Ergebnis der jahrelangen harten Arbeit des Teams. Es begeistert und macht autonomes Autofahren unspektakulär. Die Technologie ist erstaunlich und macht es dem Endbenutzer so leicht. Das ist eine echte Errungenschaft. Und wer nach einer Fahrt mit einem Cruise immer noch glaubt, dass diese Technolgoie erst in 10-20 Jahren oder gar nicht reif sein wird, dem kann nicht geholfen werden. Die Zukunft ist dank Cruise schon hier.
Auf meinem YouTube-Kanal gibt es übrigens noch mehr Videos von meinen Fahrten.
Über mich
Ich bin Technologietrendforscherr und Autor und lebe seit 2001 in der San Francisco Bay Area, dem sogenannten Silicon Valley. Ich forsche nach Technologie- und Zukunftstrends und beschreibe deren möglichen Auswirkungen auf Gesellschaften, Politik, Arbeitsplätzen und Wirtschaft. Dazu verfasse ich Bücher, die auch auf den Einfluss der Technologien und die Verhaltensweisen der Menschen eingehe.
Mein nächstes Buch, das am 10. November 2022 erscheint, handelt von Online-Belästigungen von Frauen, die durch toxische Männer geschieht. Das Buch heißt CYBERF*CKED und ich habe es für meine Geschlechtsgenossen geschrieben, weil das vor allem ein Männerproblem ist. Auch wenn ich weiß, dass es vor allem Frauen kaufen werden und den Männern in ihrem Leben schenken werden, möchte ich es allen ans Herz legen.
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Dieser Beitrag wurde auch auf Englisch veröffentlicht.
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