Mercedes EQC: Jetzt kommen die Teslakil.., Pardon, Verbrennerkiller

Neuneinhalb Jahre, nachdem Tesla das erste Model S der Öffentlichkeit vorgestellt hat (26. März 2009), mehr als sechs Jahre nachdem das erste Model S ausgeliefert worden war (22. Juni 2012), stehen nun die die deutschen Hersteller davor ihre ersten eigenen, mit Tesla konkurrenzfähigen, Elektroautos auszuliefern. Oder zumindest vorzustellen, denn ausgeliefert sollen sie erst ab 2019 werden.

Wie auch immer, wir können uns nur freuen. Schon seit Jahren wird in den Medien vom nächsten Teslakiller berichtet, aber nach wie vor geht es Tesla gut, und die Model 3 Produktion läuft auf Hochtouren, nur die Teslakiller lassen auf sich warten.

Porsche, Mercedes und Audi haben Autos für 2019 bereit, und auch BMW lässt Kunden den iX3 vorbestellen, auch wenn der erst später kommen wird. Wie auch immer, keines dieser Auto wird ein Teslakiller sein, sondern Tesla nur stärken. Diese Autos werden allesamt Verbrennerkiller sein. Die deutschen Hersteller werden verstehen lernen, dass vor allem Einbrüche bei der Nachfrage von Benzin- und Dieselfahrzeugen erfolgen werden.

Mercedes EQC

Und so stellte Mercedes heute das erste Fahrzeug, aus einer Serie von zumindest zehn Elektrofahrzeugtypen, die bis 2022 herauskommen sollen, vor. Den Mercedes EQC SUV. Die Leistungsdaten sind schnell aufgezählt. Der EQC 400 4MATIC braucht 22,2 kWh auf 100 Kilometer, CO2-Emissionen liegen bei 0 Gramm pro Kilometer (alles vorläufige Zahlen). Zwei Elektromotoren, einer vorne, einer hinten, mit einer Leistung bis zu 300 kW geben dem Fahrzeug Allradantrieb mit einer Reichweite von 320 Kilometer. Das ist sehr wenig, im Vergleich zu Tesla Model (427 Kilometer) oder dem Jaguar iPace (400 Kilometer). Die Lithium-Ionen-Batterie mit einer Gesamtkapazität von 80kWh stammen von der Daimler-Tocher Accumotive.

 

 

Mercedes plant seine ganze Palette zu elektrifizieren, inklusive Transporter, Lastwagen und Busse. Bereits seit 2012 wird der Smart Fortwo Electric angeboten, der allerdings mit Nachschubproblemen kämpft. Wartezeiten von mehr als einem halben Jahr plagen das Unternehmen (und die Kunden), und offensichtlich macht Mercedes mit dem Fahrzeug Verlust. Deshalb vermutlich auch der geringe Wille, die Produktion der Nachfrage anzupassen.

Aber zurück zum EQC. Erstaunlich ist das Grundgerüst des 4,7-Meter langen Fahrzeugs mit Batterieboden. Vorne ist ein Stahlrohrrahmen angebracht, der der Sicherheit dienen soll. Mercedes-CEO Dieter Zetsche verwies auf Sicherheit als einer der Topwerte von Mercedes. Allerdings verhindert der Rahmen nun die Verwendung eines Frunks, wie man ihn bei Tesla gewohnt ist. Der Kühlergrill, wie er bei einem Elektroauto nicht wirklich notwendig ist, protzt hier nach wie vor ziemlich prominent. Warum eigentlich?

 

 

Die ganze Konstruktion sieht danach aus, als ob ein Verbrenner als Vorlage genommen und für das Elektroauto umgebogen wurde. Man vergleiche das mit Teslas Design, das vollständig neu designt und gebaut wurde.

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Tesla-Karosserie mit Batterieboden.

Angesichts der Sicherheitsbewertung von Tesla, die ebenso top ist, sieht das Argument von Mercedes mit der Notwendigkeit des Stahlrohrahmens, um das Fahrzeug sicherer zu machen, ziemlich altbacken aus. Es scheint davon abzulenken, dass hier ein Verbrennerkarosseriedesign zu einer Elektrofahrzeugkarosserie umdesignt wurde. Das spricht nicht für die Mercedes-Karosseriedesigner, oder das Management, das nicht ambitionierter Ziele erlaubt. Wollte man Zulieferer, Betriebsrat und Belegschaft nicht mit einem radikalen Redesign und damit einhergehenden Mitarbeiterumschichtungen beunruhigen?

Hier noch ein Video mit Blick in den fehlenden Frunk:

In Europa soll das Fahrzeug 2019 auf den Markt kommen, in den USA dann 2020.

Der Applaus nach der Vorstellung war enden wollend. Klar, es waren dort vor allem Pressefuzzis im Publikum, und die saßen den ganzen Tag schon in Workshops mit mehr Details zum Auto, aber der Wagen weckt nicht wirklich Emotionen. Ganz anders war das vor ein paar Tagen bei der Vorstellung des elektrischen Mercedes Silberpfeil. Man betrachte alleine das Bild des Mercedes-Chefdesigner und vergleiche das mit der Vorstellung des EQC. Der Mercedes EQC SUV ist eine ungeliebte Pflichtübung, das ganze Herz der Beteiligten hängt am Silberpfeil. Und so sieht das Ergebnis auch aus.

Fazit: Es ist begrüßenswert, dass endlich die ersten mit Tesla vergleichbaren Elektroautos Kunden angeboten werden. Und der Mercedes EQC wird sicherlich seine Anhänger finden. Das Auto selbst ist sehr konventionell, ist eigentlich langweilig, und vielleicht das richtige Auto für die bestehende Mercedeskundschaft. Zukunftsweisend, innovativ, wie es Mercedes-CEO Zetsche so oft in den Mund nahm, ist es nicht. Dazu arbeiten einfach die falschen Leute daran.

Man will nur ein bisserl schwanger sein. Die bislang Leistungdaten sind kommen nicht mal in den Bereich, in dem Tesla 2012 bereits war, und wir reden hier vom Jahr 2018/2019. Im Automobilbau der Zukunft ist das zu wenig. Man erwartet sich einfach mehr von Mercedes.

Porsche Taycan

Viel mehr Emotionen weckt hingegen der schwäbische Nachbar von Mercedes. Porsche mit der zweiten Elektroautoserienfertigung in seiner Geschichte (die erste gab es ja schon zwischen 1900 und 1902, ein Fahrzeug steht im Technischen Museum in Wien) ist mit dem Taycan (ehemals bekannt als Mission E) auf einem vielversprechenden Weg.

Lohner-Porsche.jpg
Elektrischer Phaéton, System Lohner-Porsche, Modell Nr. 27 (1900-1902)

Klar, der Taycan und der EQC sind in verschiedenen Kategorien, aber bei Porsche erkennt man die Lust der Mitarbeiter ein wirklich gutes Elektroauto bauen zu wollen.

Mercedes! Wollt Ihr nicht mal auf einen Kaffee mit Euren Porsche-Nachbarn gehen und Euch Tipps holen?

Hier ist noch ein Video mit dem Taycan auf der Großglockner-Hochalpenstrasse:

Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

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