Seit dem 27. April 2021 werden offensichtlich in den US-Versionen der Model 3 und Y keine Radars mehr eingebaut, wie Tesla bekanntgab. Auf der Support-Seite veröffentlichte das Unternehmen eine Erklärung, die zugleich Tesla Vision als neue Basis für den Autopiloten und konsequenterweise auch die kommende Full Self Driving (FSD) vorstellte.
Wir setzen den Übergang zu Tesla Vision, unserem kamerabasierten Autopilot-System, fort. Beginnend mit den Auslieferungen im Mai 2021 werden die für den nordamerikanischen Markt gebauten Fahrzeuge Model 3 und Model Y nicht mehr mit Radar ausgestattet sein. Stattdessen werden diese Fahrzeuge die ersten Tesla-Fahrzeuge sein, die sich auf Kamera-Vision und die Verarbeitung neuronaler Netze verlassen, um Autopilot, Full-Self Driving und bestimmte aktive Sicherheitsfunktionen bereitzustellen. Kunden, die vor Mai 2021 bestellt haben und ein Fahrzeug mit Tesla Vision erhalten werden, werden vor der Auslieferung in ihrem Tesla-Konto über die Änderung informiert.
Für einen kurzen Zeitraum während dieser Umstellung können Fahrzeuge mit Tesla Vision mit einigen Funktionen ausgeliefert werden, die vorübergehend eingeschränkt oder inaktiv sind, darunter:
– Autosteer wird auf eine Höchstgeschwindigkeit von 75 mph und einen längeren Mindestfolgeabstand begrenzt sein.
– Smart Summon (falls ausgestattet) und Spurhalteassistenzwarnung können bei Auslieferung deaktiviert sein.In den kommenden Wochen werden wir damit beginnen, diese Funktionen über eine Reihe von Over-the-Air-Software-Updates wiederherzustellen. Alle anderen verfügbaren Autopilot- und Full Self-Driving-Funktionen werden bei der Auslieferung aktiv sein, je nach Bestellkonfiguration.
Alle neuen Model S und Model X sowie alle Fahrzeuge, die für Märkte außerhalb Nordamerikas gebaut werden, sind weiterhin mit Radar ausgestattet und verfügen über radargestützte Autopilot-Funktionen, bis wir den geeigneten Zeitpunkt für den Übergang dieser Fahrzeuge zu Tesla Vision bestimmen.
Im Text werden auch die aktuellen Einschränkungen erläutert, die bei der amerikanischen Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA als nicht getestet gelten, und somit vorläufig ausgeschaltet sind oder nur limitiert einsetzbar sind. Dazu zählen die Kollisionswarnung, automatische Notfallbremse und der Spurhalteassistent.
Warum kein Radar mehr?
Was nun könnte der Grund sein, der Tesla dazu veranlasste, Radar komplett aus den Fahrzeugen zu lassen? Und was bedeutet das für den Autopiloten und die FSD?
Future Angst
Welche aktuellen Ängste prägen uns? Mit welchen Ängsten waren die Menschen in der Vergangenheit konfrontiert, als es die heutigen Technologien noch nicht gab? Warum mischen wir heute im Wettbewerb der Kulturen um neue Technologien nicht ganz vorne mit? Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um neue Technologien nicht als etwas Beängstigendes und Feindseliges zu betrachten, sondern als ein Mittel zur Lösung der großen Probleme der Menschheit?
Das Buch erscheint am 19.8.2021 und kann hier bereits vorbestellt werden.
Zuerst mal muss man sich in Erinnerung rufen, dass Tesla-CEO Elon Musk sich immer wieder gegen einen anderen Sensortypen, LiDAR nämlich, ausgesprochen hat. Er bezeichnete LiDAR als „Krücke“. Während die meisten anderen Unternehmen, die autonome Fahrsysteme entwickeln, LiDAR als uuverzichtbaren Bestandteil der Sensorsuite betrachten, liefert Tesla seit drei Jahren seine Fahrzeuge mit 8 Kameras, Radar und 2 KI-Chips für autonomes Fahren aus. Dieses sogenannte Hardware Kit 2.x soll technisch die Grundlage bieten, dass alle damit ausgestatteten Teslas – aktuell mehr als 1,5 Millionen Fahrzeuge – die FSD einsetzen und damit Level 4 Autonomie erreichen können.
Auch wenn Sichtungen von Tesla-eigenen Teslas, die mit Luminar-LiDARs ausgestattet sind, auf sozialen Medien geteilt werden, so vertritt Robocar-Experte Brad Templeton die Ansicht, dass es sich hier nicht um eine 180-Grad-Wende Teslas und ein Hinweis auf einen zukünftigen Einsatz von LiDARs handelt, sondern um Kontrollfahrten, die die Genauigkeit der Kameras mit LiDAR-Daten vergleichen, und dann in Teslas Maschinenlernsystem helfen soll, die rein kamerabasiertenAlgorithmen zu verbessern.
Brad Templeton spekulierte nun, dass der Chipmangel Tesla erst dazu ermutigt haben könnte, auch die Radars wegzulassen und nur mit dem Kamerasystem fortzufahren. In den Medien wurde berichtet, dass Tesla mehr als 10.000 Fahrzeuge auf Halde produziert hat und nicht ausliefern kann, weil eine wichtige Komponente fehlen würde.
Die Radar weglassen wäre nur konsequent und böte einige Vorteile. Zuerst mal ist die Produktion billiger und störanfällige oder bei Unfällen teuer auszutauschende Komponenten fallen weg. Dann muss ein Maschinenlernsystem nicht mehr Entscheidungen treffen, welchem Sensor mehr Vertrauen zu schenken ist, wenn die unterschiedlichen Sensormodalitäten sich nicht einig sind, was sie da vor sich haben.
Allerdings ist unklar, ob Kameras alleine jemals dazu reichen werden, autonom zu fahren. Kritiker weisen auf die Auflösung der Kameras in den Teslas hin, die ihnen zufolge nicht ausreichend sind. Auch kämpft eine reine kamerabasierte Steuerung mit Nebel, Staubwolken, Regen und Schnee, genauso wie Menschen. Andere wiederum haben aktuelle LiDAR-Technologie und die aktuellen Kameras mit den entsprechenden Algorithmen gegenübergestellt und das Ergebnis verglichen. Dabei kommt es zu Abweichungen, die in manchen Fällen nicht bedeutend sein könnten, in anderen aber über eine Kollision oder sicheres Fahren entscheiden können.
Sorry not sorry:
Die Kunst wie man sich nicht entschuldigt
Die Kunst, wie man sich nicht entschuldigt, ist ein hehres Gut. Politiker, Manager, Kirchenvertreter und viele andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens beherrschen diese Kunst in Perfektion. Korruption bei der Maskenbeschaffung? Nie passiert. Nicht genug Impfstoff? Tut uns leid, lässt sich aber nicht ändern. Milliarden mit der geplanten Autobahnmaut versenkt? Nicht meine Schuld. Was soll die ganze Aufregung? Mit einem Augenzwinkern und viel Humor vereint Mario Herger in „Sorry, not sorry!“ kompakt alle Tricks und Taktiken der Nicht-Entschuldigung. Herausgekommen sind 48 Kunstgriffe, sich selbst und das eigene Versagen in einem besseren Licht dastehen zu lassen. Lernen Sie von den Besten und werden auch Sie ein Meister darin, sich nicht zu entschuldigen.
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Kurzfristig können sich somit viele nicht vorstellen, dass eine vergleichbare Performance einer rein kamerabasierten Selbstfahrtechnologie möglich ist, wie sie bei einer multimodalen Sensorsuite der Fall ist. Allerdings hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass Algorithmen letztendlich immer gewinnen.
Was sind die möglichen Konsequenzen?
Tesla-CEO ist bekannt für die Kunst der großen Wette. Raketen die wieder landen. Elektroautos, die nun Verbrennerfahrzeuge verdrängen, Bezahlsysteme, die Banken und Währungen Konkurrenz machen, sowie die vielen anderen kleinen Innovationen bei Tesla, die die Konkurrenz immer noch nicht verstanden hat oder sich deren bewusst ist. Die Liste seiner gewonnen Wetten ist groß. Nicht immer gewann er sie im Zeitraum, den er in seinen Masterplänen angab, er geliefert hat er allemal.
Sollte es Tesla gelingen, die FSD nur mit Kameras zu betreiben, dann wäre das ein Gamechanger. Die Karten würden völlig neu gemischt. Mehrere Millionen Teslas wären dann fähig, autonom unterwegs zu sein, und würden damit einerseits die Strategien aller andere Hersteller in Frage stellen, die bislang auf teure LiDARs setzen. Mit einem Schlag wäre Tesla nicht nur in ein paar Städten mit einer Robotaxiflotte einsatzbereit, wie es von den andren Anbieten zu erwarten ist, Teslas wären mit einem Schlag in allen Städten und Regionen einsetzbar, ohne dass Tesla gigantische Aufwände treibe müsste, Flotten erst anzukaufen und mit der Selbstfahrtechnologie auszurüsten, wie es Waymo, Zoox, GM Cruise und andere planen. Die einsetzbaren Teslas wären alle von den Kunden selbst bezahlt, auf deren Kosten gewartet, und das Angebot kann auf die Nachfrage flexibel reagieren. Und Tesla würde zentral die Fahrzeuge koordinieren und den Taxidienst anbieten, und das zu Preisen, die alle anderen weit unterbieten können. Uber, Lyft, Taxis, öffentlicher Nahverkehr und selbst Waymo wären mit einem Schlag disruptiert.
Die Kostengegenüberstellung zu anderen Anbietern sähe wie folgt aus:

Das Risiko, das Tesla hier trägt, ist gewaltig. Die Chance, dass Tesla Vision nie mit der Sicherheit funktionieren wird, wie es für den Masseneinsatz notwendig ist, ist groß. Aber die Chancen, wenn es klappt, sind noch größer.
Zeitplan
Welcher Zeitplan ist zu erwarten? Nachdem Elon Musk schon mehrmals angekündigt hat, dass die aktuell von 2.000 Kunden getestete FSD Beta in den nächsten Wochen allen Kunden klar als Level 2-Version mit entsprechender Vorsicht bereitgestellt werden soll, kann – trotz der Verzögerungen – gerechnet werden, dass sie in den USA im 2. Halbjahr 2021 bereitgestellt wird. Mindestens die nächsten 1-2 Jahre wird sie dann auf schätzungsweise mehr als 100.000 Fahrzeugen im Testbetrieb laufen. Die Daten fließen dann kontinuierlich an Tesla zurück ins FSD-Maschinenlernsystem, bis sie sicher genug ist und Tesla um eine offizielle Genehmigung ansuchen und sie von den Behörden getestet werden wird. Eine Zulassung könnte um 2025 stattfinden.
Zeitraum | Anzahl Robotaxiflotten in Städten / Regionen |
2021 | bis zu 3 in den USA |
2022 | 5 bis 10 in den USA |
2025 | 25 bis 50 in den USA |
2023-2025 | erste Flotte in Europa |
Vergleicht man das mit einem möglichen Zeitplan des Rollouts von Robotaxiflotten anderer Hersteller mit LiDAR-, Kamera- und Radar-basierten Systemen, dann könnten wir diese Anzahl von Robotaxiflotten in Städten und Regionen sehen. Dabei sind noch gar nicht mögliche Flotten in Asien berücksichtigt.
Wie es ausgehen wird, wissen wir erst in einige Jahren, aber es könnte sich als der brillanteste Schachzug von Elon Musk erweisen, oder als der dämlichste und riskanteste. Aber wie gesagt, Elon Musk ist einer der letzten Vertreter der Kunst der großen Wette.

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Übrigens: Vor ein paar Tagen fand das virtuelle M3T Treffen statt, bei dem auch ich eingeladen war aus dem Silicon Valley einige Updates zur Tesla-Welt und dem autonomen Fahren zu geben. Hier ist der Ausschnitt aus dem insgesamt achtstündigen(!) Event.
Dieser Artikel ist auch auf Englisch erschienen.
Ich könnte mir vorstellen, dass durch die Erkenntnisse, die aus FSD Beta gewonnen wurden, sich Radar als überflüssig erweisen hat.
Das tiefere Verständnis des AP seiner Umgebung wäre demnach so gut, dass eine Verifikation durch Radar überflüssig ist.
Womöglich ist auch eine möglichst fehlerfreie Interpretation der Radarsensoren schlecht machbar (Phantombremsungen…?)
Ich vermute, dass Tesla kaum mutwillig einen wertvollen Sensor über Bord schmeissen würde.
Da Menschen rein Visions-basiert mit zwei “Kameras“ erstaunliches leisten können, müsste das mit deutlich mehr Augen an besseren Positionen am Fahrzeug möglich sein.
Das Labeling der Objekte und Vorhersehen ihrer künftigen Aktionen ist in meinen Augen eher der Schlüssel zu voller Autonomie als eine millimetergenaue Abbildung der Umgebung.
Will heissen; übermächtige KI wird’s richten, nicht ein Overkill an Sensoren.
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