Das autonome Lastwagen entwickelnde Start-Up Starsky Robotics hatte einige Startschwierigkeiten, wie Mitgründer und CTO Kartik Tiwari in einem Beitrag berichtete. Obwohl Selbstfahrtechnologie bei Risikokapitalanlegern ein heißes Thema ist und Start-Ups relativ einfach Geld erhalten können, war das bei Starsky nicht so.
Grund: das Versprechen, dass man autonome Fahrzeuge ohne Verwendung von LiDARs entwickeln könne. Das weit verbreitete Verständnis und vorherrschende in der Selbstfahrtechnologieszene ist, dass man neben Kameras, Radar und Ultraschallsensoren ohne LiDARs nicht auskomme. LiDAR-Technologie zählt heute zu den Schlüsseltechnologien, in die Milliarden an Entwicklungskosten gesteckt werden, weil diese Sensortechnologie einige Vorteile liefert, die andere Sensoren nicht bringen. Als wichtigster Grund sei dabei die 3D-Darstellung der Umgebung angeführt.
LiDAR Zuerst/Allein
LiDARs selbst senden Lichtimpulse aus und detektieren das reflektierte Licht. Aufgrund der Verzögerung und Abschwächung können sie den Abstand von Objekten berechnen und somit eine dreidimensionale Umgebungskarte entwerfen. Auch werden sie von Sonnenlicht oder Dunkelheit nicht geblendet oder betroffen, was sie zuverlässig macht.
Allerdings haben sie auch gravierende Nachteile. Zuerst wäre da mal der Preis. Bis zu 70.000 Dollar kosten leistungsstarke LiDARs, und oft benötigt man mehrere für ein Fahrzeug. Waymo beispielsweise verwendet sechs Stück auf jedem seiner aktuell 600 Pacifica Minivans. Dann stellt die Reichweite der LiDARs starke Einschränkungen dar. Zwar können die neueste Generation der Velodyne und Waymo-LiDARs bis zu 300 Meter sehen, aber üblich sind aktuell um die 100 Meter. Das ist vor allem bei Geschwindigkeiten auf Autobahnen zu wenig, um mit ausreichend Sicherheit zu fahren. Dann basieren die heutigen leistungsstärksten LiDARs auf einem mechanischen Prinzip, wo die Laser um die eigene Achse rotieren. Diese mechanische Belastung beschränkt die Lebensdauer der ohnehin schon teuren LiDARs aktuell auf ca. ein Jahr, zu wenig für die Lebensdauer eines Fahrzeugs von 10 bis 15 Jahren. Solid State LiDARs, die durch optische Tricks ohne mechanische Teile einen größeren Winkel abtasten können, sind noch nicht marktreif.
Allerdings gibt es neben Starsky Robotics mit AutoX, Aurora, MobilEye und ganz prominent auch Tesla eine Reihe von Unternehmen – wenn auch in der Minderheit – die daran glauben, dass man ohne LiDARs auskommt, beziehungsweise LiDARs maximal als Backup hat, aber eigentlich mit Kameras zuerst steuert. Neuartige und in Entwicklung befindliche Algorithmen sollen dabei erlauben, aus den Sensordaten dieselben Grad an 3D-Information zu erzeugen, wie sie LiDARs liefern, allerdings ohne die hohen Kosten von LiDARs.
Verhalten klonen
Deshalb haben Tesla-Fahrzeuge, die seit dem Oktober 2016 produziert und ausgeliefert wurden, zwar Kameras, Radar und Ultraschallsensoren eingebaut, aber keine LiDARs. Einerseits sollen Algorithmen und Teslas neuronale Netzwerk helfen, diese Informationen zu generieren, andererseits etwas, was als Behavioral Cloning bezeichnet wird. Von zigtausenden Teslabesitzern an Tesla monatlich gelieferte Gigabyte an Fahrdaten pro Fahrzeug beinhalten neben Millionen Stunden an Videodaten auch die Fahrweisen der einzelnen Fahrer. Aus den diesen Daten kann dann ein Durchschnitt für einen sicheren Fahrstil errechnet werden, der dem einem autonomen Autopiloten zugute kommen wird.
Anstelle einige wenige hundert Fahrzeuge mit grossen Aufwand in eingeschränkten Gegenden herumfahren zu lassen – wie es Waymo beispielsweise macht – und daraus aus Maschinenlernen einen sicheren Fahrer zu entwickeln, zieht Tesla Schwarmintelligenz heran und klont das Verhalten von guten menschlichen Autofahrern.
Rennen
Wer dabei recht behalten wird, wird sich noch zeigen. Es ist ein Rennen zwischen dem Preisverfall bei LiDARs und der Entwicklung von LiDAR-losen Algorithmen. Aber auch um den Anwendungszweck von autonomen Fahrzeugen.
Starsky Robotics argumentiert den Verzicht auf LiDARs auf seinen Lastwagen mit dem speziellen Verwendungsgebiet von LKWs. Von einem Lager wird nur kurze Zeit in einem Vorort oder Stadtgebiet gefahren, bevor der LKW auf die Autobahn hochfährt. Auf der Autobahn, wo es keinen Gegenverkehr oder keine Fußgänger und Ampeln gibt, muss dann vor allem nur die Spur und der Abstand gehalten werden.
Starskys LKWs beispielsweise fahren heute mehr als 99 Prozent der Strecke auf Autobahnen. Von Hayward zum Highway sind es 5 Kilometer, dort geht es dann 4.200 Kilometer in den US-Bundesstaat Georgia, und dann nochmals 2 Kilometer vom Highway zum Ziellager. Für die Autobahn bzw. Highway reichen somit Kameras, Radar und Ultraschallsensoren aus, die verbleibenden Kilometer auf Ortsstrassen und Zubringern kann das Fahrzeug ferngesteuert werden.
Es wird spannend zu sehen, wer recht behalten wird. Ich vermute, es werden beide Fraktionen recht behalten, und es vor allem der Einsatzzweck bestimmen wird.
Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.
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