Die verrückten(?) Bewertungen neuer Automobilunternehmen

Kein Tag vergeht, an dem nicht irgendwie unglaubwürdig erscheinende Zahlen von Unternehmenbewertungen herum geschmissen werden. Nicht von den traditionellen Automobilherstellern, sondern von den neuen, wie Waymo, Uber oder Tesla.

Waymo

Gleich mehrere Analystenhäuser waren sich nicht sicher, wie viel die Google-Schwester Waymo wert ist, aber selbst das untere Ende von 75 Milliarden Dollar wie sie die Investmentbank Morgan Stanley vor einigen Monat bezifferte, war bereits erstaunlich. Noch unglaublicher scheint die neue Bewertung von 175 Milliarden Dollar, auf die Morgan Stanley nach neuerlicher Prüfung kam.

Morgan Stanleys Bewertungsmodell geht davon aus, dass Waymos Taxibusiness alleine schon an die 80 Milliarden wert ist, Logistik 90 Milliarden und Lizenzen 7 Milliarden. Und das obwohl noch kein Marktreifes Produkt verfügbar ist. Dafür wird erwartet, dass 2020 eine Milliarde umgesetzt wird, und zwei Jahre später bereits 10 Milliarden mit autonomen Autos. Mindestens 60 Prozent des globalen Marktes für autonome Autos soll 2030 dabei Waymo gehören, laut UBS.

Auch andere Analysten kommen auf solche Zahlen. Evercore beispielsweise setzt den Wert mit 100 Milliarden zwischen die zwei Morgan Stanley -Bewertungen.

Uber

Aber auch der Transportnetzwerkdienstleister Uber wurde schon mit 72 Milliarden Dollar bewertet. Und jetzt steigt Toyota mit 500 Millionen Dollar ein, wie das Wall Street Journal berichtet. Uber selbst ist nach dem tödlichen Unfall mit einem seiner autonomen Autos im März unter Bedrängnis, die Tests wurden eingestellt und die Lastwagensparte geschlossen.

Tesla

Teslas Aktienkurs ist gerade recht volatil, nicht zuletzt, weil sich einerseits gute und schlechte Nachrichten abwechseln, und Tesla-CEO Elon Musk mit Tweets verwirrt. So hatte er vor ein paar Tagen per Tweet mitgeteilt, Tesla von der Börse zu nehmen. Nach einigen Tagen hin und her wird Tesla nun doch an der Börse bleiben. Und schon kommen verschiedene Gründe ins Spiel, welche für und wider die Privatisierung gesprochen hätten.

So wollten einerseits angeblich Saudi Arabien und Volkswagen einsteigen. Volkswagen sollte dabei 30 Milliarden für die 72 Milliarden Dollar Bewertung zugesichert haben. Zum Vergleich: heute sind Volkswagen und Daimler an der Börse um diesen Preis bewertet. Tesla letztendlich lehnte ab, um weder einem erdölfördernden Land noch eine traditionellen Autohersteller zu viel Kontrolle zu geben.

GMCruise

Das von General Motors gekaufte Cruise Automation erhielt erst im Frühjahr 2,25 Milliarden Dollar an Kapital – unter anderem von Softbank – was die Bewertung auf 11,5 Milliarden brachte.

Andere

Mit all den Neuigkeiten um die Bewertungen gehen andere Startups mit Geldaufstellungen fast unter. Zoox beispielsweise stellte gerade erst 500 Millionen mit einer Bewertung von 3,2 Milliarden Dollar auf. Kodiak, ein gerade erst gegründetes Startup, erhielt 40 Millionen Dollar. Ghost Locomotion 15 Millionen Dollar.

Trotz all der Bewertungen sind nicht alle Unternehmen erpicht darauf, Geld von jedem zu nehmen oder gekauft zu werden. So soll Volkswagen an das vom ehemaligen Waymo-Chefentwickler Chris Urmson gegründete Startup Aurora herangetreten sein, um es zu kaufen. Die Gründer lehnten aber ab, stattdessen ist Volkswagen nun ein Partner. Ein anderer Partner ist das chinesische Elektrofahrzeugstartup Byton, das selbst gerade erst eine neue Runde von 500 Millionen Dollar an Investment aufgestellt hat, und das nun die ersten 10 Elektrofahrzeugprototypen an Aurora liefern wird, um es für autonomes Fahren auszurüsten und testen.

Bewertungen

Wie kommt es aber zu diesen scheinbar verrückten Bewertungen? Der Aktienpreis oder die Bewertung haben nichts mit aktuellen Unternehmensergebnissen zu tun, sondern sind eine Erwartung oder Hoffnung – manche würden sagen: Wette – auf die Schaffung und Besetzung eines neuen Geschäftsfeldes. Unternehmen die ihre Schachfiguren zeitgerecht positionieren – also Technologien und Geschäftsmodelle dafür entwickeln können – können dann eine dominante Position erreichen. Zukünftige Einkünfte können die aktuellen Investitionen um ein vielfaches übersteigen.

Der wirtschaftliche Begriffe für diese Zuschlag auf den Aktienpreis wird als Innovationsprämie bezeichnet. Und das erklärt die Bewertungen der oben genannten Unternehmen, die einem Goldrausch gleichkommen. Für traditionelle Hersteller ist das eine zwiespältige Sache. Wenn sie, die gemessen sind an traditionellen Kennzahlen und geleitet von Managern, nicht von Unternehmern, zu früh viel Geld ausgeben um diese Technologien zu entwickeln, dann werden sie an der Börse von den traditionellen Investoren bestraft. Sind sie zu spät, dann verlieren sie den Markt und letztendlich das Unternehmen.

Dieser Beitrag ist auch auf Englisch erschienen.

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